Das Leben ist eine Baustelle...

So lautet der Titel einer deutschen Tragikomödie von 1997. Der junge glücklose Jan Nebel lebt in Berlin. Eines Tages verliert er seine Arbeitsstelle in der Fleischfabrik und seine Ex-Freundin eröffnet ihm, dass sie eventuell HIV-positiv ist und ihn vielleicht angesteckt hat. In dieser völlig unsicheren Situation lernt er die Musikerin und Lebenskünstlerin Vera kennen. Bei ihr vergisst er die Unerträglichkeiten seines Daseins und kann sich dann aber irgendwann seinen Unsicherheiten stellen. Er beginnt sein Leben noch einmal neu.

Menschen sehnen sich nach Sicherheit und Verlässlichkeit, so wurde es auch wieder in der Regierungsstrategie „Gut leben in Deutschland“, die vor kurzem vorgestellt wurde, deutlich. Die meisten wollen ihr Leben in der Hand haben, wollen selbstbestimmt ihr Leben führen. Jedoch machen wir immer wieder die Erfahrung, dass wir Ereignissen eher ausgesetzt sind, dass wir uns Herausforderungen stellen müssen, die wir selbst nur wenig beeinflussen können. Vieles passiert, ohne dass wir um Zustimmung gefragt werden. Wir müssen Abschied von Liebgewordenem hinnehmen, uns auf Neues einstellen, uns Aufgaben stellen, die wir uns nicht ausgesucht haben. Unser Lebenshaus wird immer wieder eingerissen und beschädigt. Der Theologe Henning Luther beschrieb das einmal mit den Worten: Wir bauen unsere Zukunft auf den Ruinen unserer Vergangenheit.

Ein Sprichwort, das oft verwendet wird, wenn sich jemand in einem  Veränderungsprozess gegen ein zuviel von Neuem wehrt, ist: man muss die Kirche im Dorf lassen. Wenigstens das Gotteshaus soll fest und unverändert bestehen bleiben. Kirche wird hier verstanden als ein Hort der Sicherheit. Dieser Wunsch ist verständlich. Und ich denke, dass auch deshalb vielen in unserer Gemeinde die Sanierung der Laurentiuskirche so wichtig ist, weil sie ein Stück Heimat ist und auch in Zukunft bleiben soll.

Die frühen Christen aber haben sich daran erinnert, dass wir hier keine bleibende Stadt haben, sondern unterwegs sind auf die zukünftige hin und wir wurden mit der Jahreslosung 2013 daran erinnert. Es gab durchaus Gemeindeglieder, die sich diesem Gedanken nicht so gerne stellten. Aber schon Jesus zog unbehaust durch die Gegend. Und in einem neueren Kirchenlied wird Gott aufgefordert uns zu helfen, damit wir uns nicht zu bequem in unserer Welt einrichten. „Komm in unser festes Haus, der du nackt und ungeborgen. Mach ein leichtes Zelt daraus, das uns deckt kaum bis zum Morgen; denn wer sicher wohnt, vergiss, dass er auf dem Weg noch ist.“ (Hans-Graf Lehndorff)

Zurzeit kann man bei der Baustelle Laurentiuskirche merken, dass Bewahrung immer auch mit Veränderung einhergeht. Jede Generation von Gemeinde muss sich dieses Gebäude und natürlich auch das, wofür es steht, neu zu eigen machen. „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“ (Goethe) Die Kirche ist das wandernde Gottesvolk, sie ist immer unterwegs. Daran sollten wir uns erinnern. Und unser Leben wird eine Baustelle bleiben. Das für mich Entscheidende aber ist, dass wir auf diesem Weg, bei diesem Bau, nicht allein sind. Der biblische Gott ist ein Gott, der mit dem Gottesvolk auf dem Wege ist.

Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. (Psalm 127,1)
Im Vertrauen auf Gottes Begleitung finden wir uns vielleicht leichter damit ab, dass unsere Bemühungen um das Bleiben „unseres“ Hauses vorläufig sind. Wir schaffen keine Sicherheit. Es genügt, wenn wir das uns Mögliche tun und dann unsere Bemühungen Gottes Segen anheimstellen. Wir sind immer – wie es Roger Schutz mal sagte – unterwegs von einem Provisorium zum andern. Aber eben nicht allein.

Rainer Wilmer

ANGEDACHT 2017

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