Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass...

sondern Gleichgültigkeit", sagte der im letzten Jahr verstorbene  Friedensnobelpreisträger und Holocaustüberlebende Elie Wiesel. In seiner Erzählung 'Gezeiten des Schweigens' berichtet er von der Deportation der Juden aus seiner Heimatstadt Sigeth. Am Fenster einer Wohnung sieht er das Gesicht eines Mannes, der die Deportation verfolgt: "In ihm spiegelten sich weder Bedauern noch Freude, weder Schock noch Wut oder irgendein Interesse. Es war teilnahmslos, kalt und unpersönlich. Das Schauspiel da draußen ließ dieses Gesicht gleichgültig. Es verfolgte mich über lange Jahre. Viele Gesichter habe ich vergessen, dieses nicht."

Mich haben dieser Satz und diese Geschichte nachdenklich gemacht. Oft höre ich angesichts der täglichen schlechten Nachrichten in Hülle und Fülle: ‚Da können wir doch sowieso nichts machen!‘ Da, wo wir uns machtlos fühlen, schotten wir uns schnell ab und suchen Zuflucht in unserem Privatleben. Wir versuchen, unsere kleine Welt zu gestalten und die Welt ‚draußen‘ nicht zu nah an uns herankommen zu lassen. Die große Gefahr ist, dass wir gleichgültig werden. Gleichgültig gegenüber dem, was jeden Tag in der Welt passiert, gleichgültig gegenüber dem Leiden anderer Menschen. Und diese Gleichgültigkeit kann töten.

Aktuell wird das deutlich, wenn auf der Weltklimakonferenz in Bonn in diesen Tagen eben auch über eine Chance auf Zukunft oder den Untergang solcher Länder wie den Fidschis entschieden wird. Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Ergehen anderer ist manches Mal gefährlicher als leidenschaftlicher Hass, weil sie schwerer wahrzunehmen ist. Man sieht ihre Wirkung nicht sofort. Sie tötet schleichend, unbemerkt, weil sie geschehen lässt aus der Zuschauerperspektive.

Darum freue ich mich über jedes Zeichen, dass es auch anders geht. Zum Beispiel als Konfirmanden sich für die Aktion 'Konfis backen Brot für die Welt' in die Backstube gestellt haben und an Erntedank 100 Brote verkauften, um damit Ausbildungsprojekte für Jugendliche in Ghana und El Salvador zu unterstützen. Sie hätten allen Grund gehabt zu sagen: 'Da kann man doch sowieso nichts machen.'  Und doch haben sie etwas getan, ganz handgreiflich, und hatten dabei noch eine Menge Spass. Für mich ist das ein schönes 'Rezept' gegen die  Gleichgültigkeit: Menschen in unserer Nähe und in der Ferne spüren lassen, dass uns ihr Leid nicht kalt lässt. Und dabei die Freude am Leben, das uns geschenkt ist, nicht verlieren.

Sieghard Flömer

ANGEDACHT 2017

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