Nachrichten aus der Gemeinde

Kanzel zwischen Denkmal und Amt

Um die Stellung der Kanzel gab es mit dem Denkmalamt eine intensive Diskussion. Auf der einen Seite steht der Wunsch, eine Kirche möglichst historisch so zu erhalten, wie sie geworden ist, auf der anderen Seite hat es aufgrund anderer Gegebenheiten auch immer wieder Veränderungen gegeben. Das kann man gerade an einer alten Kirche wie der Laurentiuskirche wahrnehmen. Schon früh spielte der Standort der Kanzel bei der Planung der Sanierungsmaßnahmen eine besondere Rolle.

Der Predigt kommt im evangelischen Gottesdienst ein besonderer Stellenwert zu. Deshalb wird ihr, dem Menschenwort unter dem Anspruch von Gottes Wort, auch ein besonderer Ort zugeschrieben: die Kanzel. Ihre Erhöhung dient zwar auch der besseren akustischen Verständlichkeit. Im Kern jedoch geht es um die hohe Wertschätzung des Wortes Gottes. Wenn sich in der Predigt Gottes Wort unter Menschenworten »ereignet«, dann stehen auch Predigerin und Prediger auf einem anderen Fundament. Sie sind über die Alltagsworte hinausgehoben. Die Kanzel soll am rechten Pfeiler in der Vierung außerhalb des Altarraums angebracht werden. Für diesen veränderten Standort sprechen folgende Gründe:

Die Kommunikation des Evangeliums als zentralem Bestandteil der Religionsausübung für evangelische Christen (allein die Schrift), setzt den Kontakt zwischen Gemeinde und Prediger/ in voraus. Dazu gehört auch das Sehen als leitendem Sinn des Menschen.

Aufgrund früherer Gegebenheiten, z. B. fehlende Beschallungstechnik, fand die Kanzel den Standort, an dem sie vor der Sanierung stand. Der dem liturgischen Gedanken entsprechende Standort der Kanzel konnte daher damals noch nicht umgesetzt werden. Dadurch wurde das Südschiff aus dem aktiven Gottesdienstgeschehen ausgeschlossen.

Gottesdienstteilnehmer akzeptieren heute nicht mehr, wie sie es vielleicht 1904 noch getan haben, dass kein Sichtkontakt zwischen Gemeinde und Prediger/ in existiert. Das hat auch mit einer veränderten Wahrnehmung nicht zuletzt aufgrund moderner Medien (Fernsehen, Internet) zu tun. Der Sehsinn ist durch diese Medien zum Leitsinn geworden.

Die historische Kanzel als Ort der Kommunikation des Evangeliums soll aufgewertet werden, indem sie wirklich genutzt wird. Das war bei ihrem bisherigen Standort oft nicht der Fall. Der erhöhte Standort der Kanzel, der dazu dienen soll, besser gesehen zu werden, verkehrt sich ins Gegenteil, wenn die Gemeinde sich unter die Kanzel setzen muss.

Das gewünschte gleichschenklige Dreieck von Taufbecken, Altar und Kanzel als Hinweis auf die Aufgabe der Kirche nach unseren Bekenntnisschriften: Kirche ist da, wo das Wort recht gepredigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden.

Bei der Genehmigung durch die Denkmalbehörde gehen die Belange der Religionsausübung historischen Erwägungen zuvor. Daher hat die Denkmalbehörde dem Wunsch nach Versetzung der Kanzel das Benehmen erteilt.

Im Südschiff sollen nach der Sanierung Stühle eine flexible Nutzung des Raums ermöglichen. Während der Gottesdienste werden sie auf die Kanzel ausgerichtet sein, andererseits aber können wir dort auch kleine Andachten oder Gottesdienste feiern, wie z. B. die Frühschicht oder kleinere Taufgesellschaften.

Rainer Wilmer