Die Spur der Steine

Können Steine sprechen? Wir wissen längst noch nicht alles aus der Baugeschichte unserer uralten Laurentiuskirche.

Wir erkennen den massiven romanischen Turm, die romanisch-gotischen Gewölbe mit ihren Erweiterungen, die großen Barockfenster, den niedrigen alten Eingang im Turm. Doch sind z.B.die Portale der Seiteneingänge im Süden wirklich so alt, wie ihre „romanischen“ Rundbögen so aussehen?  Wie sah die ganz alte Kirche aus? Immer wieder haben in den Jahrhunderten Handwerker  umgebaut, erweitert, den Raum an die Nutzung angepasst. Historiker und Archäologen gaben uns ein paar Anhaltspunkte aus der Kunstgeschichte, von Resten alter Mauern im Inneren (beim Buddeln für die Bodenheizung) und Resten der Wandbemalung. Das erhaltene  Kirchenschiff (der Turm ist  älter) wurde wohl um 1100-1200 gebaut und um 1500 erweitert und umgebaut (das ist noch genauer zu untersuchen). Steine, Gewölbe, Dachbalken und Fenster können uns immer noch Neues aus alter Zeit zeigen, das es wert ist, genauer erforscht zu werden. Denn mit der Geschichte der Kirche ist ja auch die der Stadt  eng verbunden seit der ersten kleinen Bauernsiedlung Buginithi  um die schon 826 - 830 als königliche Schenkung dokumentierte Kirche herum auf dem  hochwassersicheren Hügel am Flussbogen, dem  Bugin. Daraus wurde Buine – Bünde. Näheres dazu siehe die Info-Tafel an der Kirchplatzmauer.

Jetzt ist Dr. Rainer Ebel vom Paläontologischen Arbeitskreis Bünde (bekannt durch Forschungen von Fossilien und Ablagerungen der Vorzeit im Doberg und anderswo) in der Kirche tätig geworden. Am 28. 9. lud er zu einer internen „Vorexkursion“ für eine öffentliche Besichtigung am 13.10. beim Denkmaltag der „Offenen Steine“ ein (die Ortspresse berichtete über die Begehung vom 13.10.);  als Experten brachte er den Herforder Stadtführer Mathias Polster mit, der sich mit Holz und Stein vieler alter Kirchen, Burgen und Häuser auskennt. So kletterten Kirchmeister Brölhorst und vom Förderverein Erika und Klaus Schröder und Ernst Tilly mit den beiden in den Turm und über die  Gewölbe ins Kirchendach. Da fanden wir oben im Turm schön regelmäßig gefügte Quader aus sehr hartem Rhätquarzit – Sandstein heimischer Steinbrüche.  Unterm Dachstuhl  mächtige Eichenbalken als Pfetten wohl noch aus romanischer Zeit, die noch die ursprünglichen Einschnitte der alten Sparren aufweisen,die  später wohl um 1500  bei der Erweiterung durch neue immer noch fest stehende ersetzt wurden. Um das Alter der Balken von Dachstuhl und Schallöffnungen oben im Turm genauer zu bestimmen, wurde inzwischen eine „dendrochronologische“ Untersuchung durchgeführt (das Ergebnis steht noch aus), mit der die Jahresringe der Balken ausgezählt und untersucht werden. Sie geben dann Auskunft, wann die Bäume für die Balken geschlagen wurden – so ist genauer zu erkennen, wann der Bau der ersten romanischen Kirchteile und die spätere gotische Erweiterung stattfanden.

Und die Steine?  Sie haben im Material und den Maßen der alten Fenster  zum Teil  große Ähnlichkeit mit denen der Stiftberger Marienkirche in Herford, deren erster romanischer Bau auch im 11. oder 12. Jahrhundert erfolgte. Der gelbe Sandstein der spätgotischen Fenster um 1500 stammt wohl von den Steinbrüchen im Osning bei „Peter auf dem Berge“ in Bielefeld – die Maße und Steinmetzzeichen zeigen, daß wie in vielen anderen Kirchen unserer Heimat die Fensterteile in Serie  mit gleichen Maßen im Steinbruch gefertigt und  dann als  vor Ort zusammengesetzt wurden. Die Paßzeichen zeigen noch (wie bei Fachwerkbalken alter Häuser), wie die Teile aneinander gefügt wurden. Sogar die Bautrupps der Steinmetze sind an ihren Zeichen im Stein zu erkennen.

Noch viel mehr gilt es zu entdecken – bei der Sanierung der Kirche werden wir mehr erfahren und dokumentieren. Der Förderverein zur Erhaltung des Laurentiuszentrums wird sich auch dabei engagieren und hofft auf viel Echo und Unterstützung aus der Gemeinde und der Bünder Bürgerschaft. Wir werden uns bei Ihnen melden.

Ernst Tilly

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Vorn die Kuppel des aus Keuper-Sandstein gemauerten romanischen Gewölbes (in der Kirche unten als Kreuzgewölbe zu sehen) mit unregelmäßigen Brocken als stabilisierende Last von oben, dahinter die gotischen Gewölbespitzen aus sauber verputzten Ziegelsteinen.