Gott und die Welt
Wo Gott wohnt,
schweigen die schweren Worte,
verhallen die harten Töne
ist es vernehmbar still.
Wo er wohnt,
fallen die Mauern,
wuchert das Leben,
ist es sichtlich sanft.
Wo er wohnt,
sucht er mich auf,
finde ich mich wieder
in seinem Licht.
© Tina Willms
Dass einer mich findet,
wenn ich mich selbst verliere,
dass einer meinen Namen
bei sich bewahrt.
Dass einer noch weiß,
wer ich bin,
und neu erzählt,
was ich längst vergaß.
Dass einer mich birgt
im Haus einer Liebe,
die weiter reicht als das,
was ich ahne von mir.
© Tina Willms
Wir trauen uns,
die Liebe zu säen.
Mit weiter Geste
werfen wir sie
aufs Feld.
Manches fällt unter die Dornen,
manches fressen die Vögel,
anderes verdorrt.
Es lohnt nicht,
sagen die einen.
Die Ernte wird
hundertfach sein,
sagt er.
Und streut
seinen Segen darüber:
mehr als genug.
© Tina Willms
Federwolken
zeichnen am Himmel
schon seine Flügel.
Der Engel:
Er naht.
© Tina Willms
Wer weiß schon,
ob Sterne verlässlich sind.
Und wer könnte sagen,
ob die Kräfte reichen?
Um diesen
einen Schritt nur
weißt du,
für den der Fuß
die Luft schon betreten hat,
um gleich den Boden
erneut zu berühren.
Diesen Schritt gehen
als sei er es,
auf den alles ankommt,
als sei er es,
der dich schon bringe
ans Ziel.
© Tina Willms
Einmal am Tag innehalten,
den Blick schweifen lassen:
Wo ist mir Gutes begegnet?
Den Worten nachlauschen:
Welches davon
hat mich aufgerichtet?
Den Gesten nachspüren:
Welche hat mich
heute schon gewärmt?
Einmal am Tag mich fragen:
Wo könnte Gott
sich entdecken lassen,
nah neben mir?
© Tina Willms
An manchen Tagen
kommt der Himmel zu mir,
ein gern gesehener Gast.
Er sät Ermutigung
in meine Gedanken,
streut Licht
auf meine Pläne
und nährt mich
mit Sehnsuchtsbrot.
Meinen Fragen
lässt er Raum,
unter seinen Händen
schmelzen die Zweifel.
Er schenkt mir
Hoffnungssträuße,
die duften nach Bleiben
und ihre Farben fallen
mir leuchtend
aus Auge und Hand.
© Tina Willms
Heute traf ich einen,
der meine Tränen sah.
Es waren die ungeweinten,
heruntergeschluckten,
die sich einbrennen,
die unter der Haut
zum Herzen dringen
und es bitter machen
bis auf den Grund.
Sie zwingen dich,
ständig zurückzuschauen,
und lassen dich verhärten
wie eine Säule aus Salz.
Heute traf ich einen:
er sah sie und fragte:
Mensch, warum weinst du?
Und seine Frage löste den Bann.
Meine Haut wurde weich,
durchlässig gar,
und der Schmerz war,
wahrgenommen,
endlich bereit,
sich zu lösen.
© Tina Willms